Freitag, 26. Juli 2013 - In der letzten Juli-Woche will der Sommer offenbar
konzentriert alles aufholen, was wir vorher versäumten. Die Rekord-Temperaturen
über der Schweiz sind in den Medien auf den Titelseiten. Die eingestrahlte
Sonnen-Energie wollen wir nutzen, um den Arcus M auf einem tollen
Hochalpen-Flug in die Westalpen etwas auszulüften.
Höhepunkt jedes Segelfluges. 'Vue Cervin'. |
Über dem Spitz musst Du eindrehen...
Wir brauchen heute etwas Zeit, um im Sernftal einen schönen
Aufwind zu finden. Mit etwas Geduld erreichen wir aber in zuverlässigem Steigen
die Abflughöhe Richtung Flims. Von da aus geht es den wie an einer Schnur
aufgereihten Wülchli im Nu über Oberalp, Furka auf der Nordseite des Wallis
entlang bis nach Martigny im Unterwallis, wir kommen entspannt, sicher (kaum Luftverkehr) und prima voran.
Die Basishöhe war auch schon komfortabler, was für uns aber mehr
wert ist: die Thermik ist zuverlässig. Man kann bei dem schwachen Wind heute
fast ein Kreuz auf den Boden unter den Cumuli malen und dann da drum herum
kreisen. Kein Versatz, keine Achterbahn. Einfach rundherum Steigen – nicht
gerade wie in Namibia – aber es reicht für eine tolle Stimmung an Bord und zwei
zufrieden grinsende Besatzungs-Mitglieder aus.
Von Heinz habe ich schon viel lernen können. Heute kommt
noch was dazu. Er verrät mir, dass er immer am besten wegsteige, wenn er über
einem Gipfel(chen) aufdrehe. Ich habe da ja immer meine liebe Mühe, unter einer
fetten Cumulswolke das beste Steigen zu treffen. Also testen wir natürlich
Heinz’ Taktik über dem Mont Bovin nördlich von Crans erstmals genauer aus.
Funktioniert einwandfrei. Die Berggipfel rundherum mit den etwas irritierenden
Namen ‚Sex Mort’, ‚Sex Rouge’ und ‚Sex Noir’ verschwinden unter uns. Die
Walliser Marketing-Fachleute vom mehrheitlich katholischen Office du Tourisme unternehmen
schuuafedallerhand für ihre Gäste. Toter, Roter und Schwarzer Sex... und das auch noch auf einem unwirtlichen Berggipfel???
Ins Tal der Wölfe.
Beim letzten Berggipfel vor dem Rhoneknie wechseln wir die
Talseite. Da braucht man von Sion auf unserer Höhe keine Freigabe mehr. Ich
möchte Heinz gern mein Walliser ‚Tal der Wölfe’ (Val Ferret) zeigen. Den
Einstieg machen wir über Champex, einer kleinen, hübschen Alpen-Destination mit
eigenem Badesee. Und einem noch hübscheren Aufwind auf der Südseite eines unscheinbaren Bergkegels, der etwas verloren in den Unterwalliser Tälern herumsteht.
Ins Val Ferret wollen wir nicht nur, weil die Walliser
Schäfer und Jäger da immer mal wieder illegalerweise nächtens einen aus
Courmayeur eingewanderten, vierbeinigen Subventionen-Sammler (‚Loup alpin’ auf
dem Subventionen-Form.-Nr. 152.04 oderso) mit Schrot und Patronen abmurksen. In der Gegend
sind Schafe ja besser mit Subventionen ausstaffiert als Kindergarten-Plätze.
Reise durch die eigenen Bergsteiger-Erinnerungen.
Nein, dahin wollen wir vor allem der Thermik und der
wunderschönen Gegend wegen. Das Val Ferret ist umgeben von den schönsten
Granitzacken der Westalpen. Erinnerungen an die wilde Bergsteigerei kommen auf.
Hier sind wir vor dreissig Jahren (!) mit Tourenski, Pickeln und Steigeisen früher die Wände hoch. Und
die sind aus jetzigem Lebensalter und Distanz betrachtet uhuäräschteil.
Aiguille Verte, Les Courtes, Les Droites (beide völlig unpolitisch), Aig. du Triolet, Mont Dolent, Aiguille
d’Argentière – zu jedem Gipfel schiesst mir eine Geschichte durch den Kopf,
während wir über dem Col Ferret auf die bisher höchste Höhe dieses Fluges
klettern. Die Aufwinde werden stärker, die Wetter-Optik verspricht einen
Rückflug auf der Südseite des Wallis mit höchstem Genuss-Faktor.
Haute Route mit Viertausender-Vollbad.
Am dreiseitigen Grenzberg zwischen Frankreich, Italien und der Schweiz,
dem Mont Dolent, wenden wir die Nase des Arcus M nach Osten und bestaunen aus
eigentlich schon komfortabler Höhe die noch höheren Südwalliser Gipfel. Wir folgen
der Haute Route durch eine Unzahl Walliser Viertausender, nur viel bequemer als mit den Tourenskis. Bei der Bestimmung der zahlreichen Stauseen sind wir uns nicht auf Anhieb einig. Sieht auch alles ähnlich aus.
Heinz zirkelt unbeeindruckt davon am Lac de Mouvoisin (das habe ich jetzt nachgeschaut) das Segelflugzeug die Wände hoch, so dass wir direkt über die Bertolhütte und den Col d’Herens im hohen Relief mit unverbauter ‚Vue Cervin’ (verdoppelt den Liegenschaftenpreis im Val d’Anniviers) ins Mattertal einfahren können.
Heinz zirkelt unbeeindruckt davon am Lac de Mouvoisin (das habe ich jetzt nachgeschaut) das Segelflugzeug die Wände hoch, so dass wir direkt über die Bertolhütte und den Col d’Herens im hohen Relief mit unverbauter ‚Vue Cervin’ (verdoppelt den Liegenschaftenpreis im Val d’Anniviers) ins Mattertal einfahren können.
Das ‚Horu’ ist und bleibt der schönste Zacken der Welt!
Heinz verdreht sich auf dem Vordersitz, um unser Logo von SchänisSoaring auf
der Innenseite der Winglets in die richtige Position zum Matterhorn in den
Fotoapparat zu bringen. Mit etwas Schieben und zusätzlichem Sinken, das der
Arcus ja locker verträgt, können wir für die Leute von Schempp-Hirth den
endgültigen Beweis festhalten, dass alles am Arcus M wieder einwandfrei
funktioniert und man damit toll fliegen kann.
Über dem Spitzli (!) des Gornergrat fädeln wir den Arcus M
so hoch hinauf, wie wir können, also auf 3'950 Meter, und machen uns dann
direkt mitten, über und um die aufschiessenden Wolken auf den Weg Richtung Binntal.
Tolle Verlängerung.
Der Rückflug über die Furka und den 'Schneehüener-Stock' am
Oberalp (auf diesem Gipfel hat Heinz Militärdienst geleistet) reisen wir
gemütlich in die Surselva. Da werden dann auch noch verschiedene
Zentrier-Techniken durchprobiert... Am Ende setzt sich jene mit dem Spitzli
wieder durch. Inzwischen hat uns der Markus von der Crone, der heute um dem
Mont Blanc herum geflogen ist, wieder eingeholt und dreht in seiner ASG-29 sauber unter uns in den Aufwind ein. Wir
sehen ihn später am Ofenpass noch einmal. Toll, mit dem Arcus M sehe ich Markus auch mal von oben. Sonst bin ich mir das nur von hinten und unten gewohnt, so schnell ist er immer unterwegs.
Dazwischen fliegen wir am Piz Kesch durch die ersten reinigenden Tröpfli. In dieser
Region schiessen die Wolken immer zuerst hoch und verursachen die ersten
Schauer.
Schneller Endanflug.
Dass dieses Segelflugzeug oder genauer formuliert, dieser 'Raumgleiter' gut fliegt, wissen wir inzwischen
natürlich. Trotzdem gehen wir von der Nuna aus den Endflug vorsichtig an und
reisen vorerst nur mal mit 150 km/h Richtung Heimat. Ab Klosters produziert der
Endanflug-Rechner aber etwas gar viel Überschuss-Höhe. Darum drücken wir etwas
auf die Nase und erhöhen den Speed auf die derzeit noch maximal zulässigen 200
km/h. Aber auch so flitzen wir am Ende auf rund 900 Metern über den Flugplatz
Schänis. Unglaublich, wie dieses Flugzeug gleitet.
Ein toller Flugtag, eine wunderschöne ‚Tour du Valais’ geht
mit einer sauberen Ziellandung von Heinz zu Ende. Danke für den tollen Flug, Heinz -
besser wird’s nümmä!
Link auf die technischen Flugdetails.
Link auf's Fotoalbum.
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